Km ۷۸۴۵ - Km ۷۹۵۶_Qazvin - Karaj
Wir verbringen eine sehr entspannte Nacht. Am Morgen wollen wir früh raus. Gerne möchten wir es heute bis Teheran schaffen. Den Plan schlagen wir uns aber schnell aus dem Kopf - denn sobald Sohrab wach ist, gibt es Frühstück. Zuerst ein paar Baumnüsse und Tee. Dann Papierbrot, Butter, Quark, Kirschengelee und Biomalz mit Tee. Mittlerweilen ist es schon fast neun Uhr. Wir möchten gerne aufbrechen, doch das gestaltet sich gar nicht so einfach. Immer wieder wird etwas Neues aufgetischt. Wir platzen fast. Als wir dann doch aufbrechen, fährt Sohrab mit seinem Motorroller vor. Es geht zum Bazar. Dutzende - in schwarz verhüllte - Frauen ziehen durch die Gänge. Wir bummeln entlang der Schaufenster und versuchen immer wieder zu erklären, dass wir nun wirklich aufbrechen sollten. Fünf Stunden nach dem Aufstehen ist der Moment des Abschieds gekommen. Bewaffnet mit Trauben und einer weiteren Melone machen wir uns auf den Weg.
Die Strasse führt heute - noch immer auf dem Hochplateau - stets gerade aus. Wir sind müde und etwas matt. Fühlen uns, als würden wir nicht vom Fleck kommen. Wir machen viel Pause und beschliessen gegen halb zwölf - erst hatten wir doch das gigantische Frühstück - mal ein Mittagessen zu kochen. Für das Mittagsmahl fehlen uns nur noch Getränke, die wir in einem Laden besorgen. Haben wir eigentlich schon berichtet, dass man hier sehr häufig anstelle von Retourgeld eine Packung Kaugummi bekommt? Ja wirklich. Anstelle von 5‘000 Rial Retourgeld gibt es einen Kaugummi und bei 10‘000 kann es auch mal eine Packung Kekse sein. Ob man will, oder nicht.
Vor dem Laden schenkt uns ein junger Mann sechs Tomaten und zwei Gurken. Heute gibt es also Spaghetti mit viel Tomatensauce. Wir finden ein Bushäuschen und fangen an zu köcheln. Ein weiterer Mann kommt daher. Er schenkt uns vier Maiskolben. Wir disponieren um. Heute gibt es Spaghetti mit viel Tomatensauce und viel Mais. Es schmeckt fantastisch. Nach dem Essen fährt ein dritter Mann zu. Er schenkt uns eine Flasche Wasser. Verrückt. Innert einer halben Stunde wurden unsere Packtaschen gefüllt. Es ist unglaublich, wie grosszügig und gastfreundlich die Iraner sind. Immer wieder ruft es "Welcome in Iran" aus dem Autofenstern und wir standen die letzten Tage vor unzähligen Kameras. Wir lächeln, winken, plaudern und gestikulieren. Hier rechnet man auf Reisen besser etwas mehr Zeit ein.
Am Nachmittag machen wir eine eher unangenehme Erfahrung. Wie schon unzählige Male an diesem Tag, werden wir von einem Autofahrer herangewunken. Dieser Herr redet etwas von Dollar. Wir dachten zuerst, er wolle zehn Dollar tauschen. So bringen wir ihm eine 10 Dollar Note. Der Herr will aber unser ganzes Geld sehen - was wir ihm natürlich nicht zeigen. Er wirkt verärgert und ist sehr aufdringlich. Nur mit Mühe und klaren Worten werden wir ihn los. Ein unangenehmes Gefühl bleibt zurück. D
ie Stimmung steigt aber schnell wieder in die Höhe, als uns eine Familie aus dem Auto heraus heranwinkt. Die Familie schenkt uns Wasser und einen grossen Sack voll Früchte. Welcome in Iran. Wir hätten es nicht gedacht, doch wir erreichen heute tatsächlich noch die Stadt Karaj. Ein Vorbezirk von Teheran so quasi. Vergesst alles, was wir je über Strassenverkehr geschrieben haben.
Vergesst es einfach. Das ist dann mal eine Stadteinfahrt. Istanbul, Tiflis und Baku ist für Anfänger. Karaj. Da ist was los. Die Strasse hat drei Spuren. Sie wird aber mit fünf Spuren befahren. Uunglaublich viele Autos. Und alle fahren an die Pédaleurs ran, um einen kurzen Schwatz zu halten. Wir müssen uns konzentrieren. Zuerst mal das Lächeln und Winken. Dann ist da wieder einmal die Bodenwelle, die das ganze Velo erschüttert. Dann die Abgase, die uns fast den Verstand rauben. Das Gehupe. Die einfädelnden Autos - natürlich gerade direkt vor uns. Dann die fehlenden Gullideckel und die vorhandenen Strassenverkäufer. Das Auto, das die Bodenwelle auf unserer Seite nehmen will und dann doch kurzfristig entscheidet anzuhalten und jemanden aussteigen zu lassen. Der eine Fussgänger, der sein Glück versucht und die Geschwindigkeit eines Reiseradlers nicht ganz einzuschätzen weiss. Und schlussendlich auch noch der Kreisverkehr - dessen Regeln kein Mensch versteht. Adrenalin pur. Für die Einfahrt der Stadt haben wir - mal schauen - zwei Stunden gebraucht. Wir werden sie wohl heute kaum mehr verlassen. Da muss ein Hotel her.
Dieses ist nur mit Durchfragen zu finden. Auf Farsi. Alle Fünfhundert Meter fragen wir einen weiteren Passanten. Nach und nach kommen wir dem Hotel näher. Es ist inzwischen bereits Abend und somit auch stockfinster geworden. Mitten im Zentrum haben wir unser Ziel erreicht. Das Hotel ist gefunden.
Nach einem feinen Essen vom Imbiss - der Verkäufer sprach Französisch - ziehen wir uns in die vier Wände zurück. Morgen geht es nach Teheran. Für diese Einfahrt laden wir jetzt schon die Batterien unserer Kamera.