Km १४४०० - Km १४६११_Pokhara - Hetauda
Nun sind wir also in Pokhara. Der Ort erinnert von den Besuchern her etwas an Goa und von der Landschaft her an den Walensee. Es gibt Pizza, Milch und ausländische Zigaretten. Die Aussicht auf den Himalaya können wir leider nicht geniessen - noch immer ist der Himmel verschleiert und verweigert uns die Sicht auf die schneebedeckten Gipfel. Aber in unserem Hotelzimmer gibts ein Poster - da können wir uns die Landschaft wenigstens gut vorstellen. Wir bleiben insgesamt drei Nächte in der Stadt. Am zweiten Abend wird Silvester gefeiert. Nepalisches Silvester - das Jahr 2072 neigt sich dem Ende zu. Wir schlendern durch die Strassen, beobachten die Musiker und Tänzer, Essen lecker und lassen uns von der Atmosphäre mitreissen. Ganz bis Mitternacht schaffen wir es aber nicht wach zu bleiben und so startet das Jahr 2073 für uns unter der Bettdecke. In der Nacht vor unserer Weiterreise gibt es ein Erdbeben. Das Epizentrum liegt in der Region Kalkutta. Wir selber spüren keine Erschütterung, etwas östlicher in Nepal werden die Bewohner jedoch stark an die letztjährige Katastrophe erinnert.
Nach einem feinen Frühstück schwingen wir uns auf unsere neu sanierten Räder und machen uns an die lange Stadtausfahrt. Kaum hat man die wenigen Gässlein rund um den See verlassen, ist man wieder der einzige Tourist weit und breit. Das Winken und Lachen der Einheimischen ist wieder allgegenwärtig. Beinahe den ganzen Tag über führt uns die Strasse H04 bergab. Wir fahren entlang tiefer Schluchten und die Aussicht ist wiederum fabelhaft. Der Verkehr ist relativ ruhig, nur wenige Brummis kreuzen unseren Weg. Abends erreichen wir nach ungefähr 95 Kilometern Mugling. Hier bekommen wir die erste heisse Dusche seit Tagen. Wunderbar. Das Motel liegt direkt am Fluss und von unserem Balkon aus geniessen wir eine hinreissende Aussicht auf die umliegende Landschaft. Heute ist mal wieder Besprechungsabend. Respektive Entscheidungsfällungstag. Denn Besprechen tun wir schon seit einer ganzen Weile. Und zwar geht es darum, wie es weitergehen soll. Einige Möglichkeiten haben wir in den letzten Wochen geprüft, geplant und verworfen. Nun stehen noch zwei Varianten zur Auswahl. Entweder wir fahren durch Ostindien und/oder Bangladesch und Myanmar oder wir fliegen direkt nach Südostasien. Wir grübeln schon lange. Auf erneutes Indien haben wir beide nicht so richtig Lust. Und Mynanmar? Das ist nun die Frage. Soll ja richtig, richtig schön sein. Doch irgendwie klopfen unsere Herzen einen anderen Rhythmus. Und so entscheiden wir uns dafür, ab Kathmandu den Flieger nach Bangkok zu nehmen.
Kathmandu wollen wir aber - wie soll es anders sein, wir sind ja schliesslich die Pédaleurs - nicht einfach auf dem einfachsten und schnellsten Weg erreichen. Nein, wir planen den Umweg von ein paar hundert Kilometern via Bharatpur und Hetauda. Geilo. So verlassen wir also früh morgens und erleichtert ab unserer definitiven Entscheidung unser Motel und lassen uns die nächsten Zweihundert Meter bis zur Brücke rollen. Nun müssen wir rechts abbiegen. Noch ist alles ruhig, es herrscht kaum Verkehr auf der Strasse. Doch was ist das? In der Ferne sehen wir, dass die nächsten zehn Kilometer der engen Strasse von einer LKW-Schlange gepflastert sind. Riesenstau. Das Ende des Staus haben wir schnell erreicht. Nichts geht mehr. Die Lastwagen und Busse verstopfen die enge Strasse und die Motorräder füllen passgenau die restlichen Lücken auf. Während einer Stunde kommen wir keinen Meter vorwärts. Der orange Bus steht mitten in der Kurve und lässt kein Vorbeifahren zu. Irgendwann kommt die Polizei daher. Zu Fuss. Denn wenn nicht mal ein Pédaleur weiterkommt, dann hat man mit einem Polizeiauto ganz schlechte Karten. Derjenige, der den Ambulanzwagen hinter uns bestellt hat - er war on duty, denn die Sirenen erklangen durch das ganze Tal - hatte wohl noch schlechtere Karten. Jedenfalls konnte auch die Polizei wenig ausrichten. Irgendwann ging es mal einen Meter vor, dann wieder zwei zurück. Pattsituation auf ganzer Ebene. Der Buschauffeur - Wurzel des Übels - kehrt von seiner Teepause zurück und startet den Motor seines orangen Gefährts. Da nun aber in der Zwischenzeit auch die Gegenfahrbahn mit Autos und Motorrädern zugestopft ist - schliesslich meinte jeder, er könne ja vielleicht doch noch durchfahren - ist eine Weiterfahrt für den Bus unmöglich. Und so vergeht eine weitere halbe Stunde, bis der Verkehr wieder ins Rollen kommt. Die Auswirkungen dieses Staus spüren wir während der folgenden dreissig Kilometern. Immer wieder entsteht stockender Kolonnenverkehr und unsere Lungen bersten beinahe, wenn wir bergauf der röchelnden Rostlauben folgen. Je näher wir dem Süden Nepals kommen, desto eher fühlt es sich an wie Indien. Es ist laut, die Kinder wollen Geld und irgendwie ist es gerade nicht so angenehm. Trotz der Anstrengung heute Morgen sind wir genug blöd um zu beschliessen, dass wir nicht in Bharatpur bleiben, sondern noch etwas weiter in Richtung Osten zu fahren. Wir freuen uns auf eine schöne Fahrt, entlang dem Nationalpark. Aber irgendwie weit gefehlt. Der Verkehr ist laut, die Luft stickig und die Fahrt sehr anstrengend. Obwohl es mehr oder weniger geradeaus geht, reisst uns beinahe der Geduldsfaden. Wie konnte sich das Land innert solch kurzer Distanz dermassen verändern? Nach einem weiteren Wettrennen mit einigen Teenagern sind wir am späten Nachmittag noch etwa dreissig Kilometer von Hetauda entfernt. Gemäss GPS befinden sich hier viele Hotels und Unterkünfte. Wir entdecken genau eine Lodge. Aber mehr brauchen wir ja nicht. Nach einer Katzenwäsche aus dem Eiskübeli knurrt uns der Magen. Hier an diesem entlegenen Ort gibt es nichts. Kein Lädeli oder Restaurant. Nur Kautabak. Die Vermieterin unseres Zimmers bietet uns Reis zum Abendessen an. Das gibts aber erst in zwei Stunden - dann wenn der Strom wieder angeschaltet wird. Und so knabbern wir in unserem Zimmer an den letzten Guetzli und warten darauf, dass der Ventilator anspringt. Nach dem Eindunkeln verlassen wir das Zimmer. Es ist zu heiss ohne Strom und im Zimmer haben wir ja nicht einmal das Mondlicht. Also schlendern wir zur nahegelegenen Brücke und beobachten das Städtlitreiben im schwachen Schimmer. Gegen halb Acht beginnen vereinzelte Lichter zu brennen. Der Strom ist zurück und wir spazieren zu unserem Reis. Das ist Nepal. Am nächsten Morgen bringen wir die letzten dreissig Kilometer bis Hetauda hinter uns. Wir sind irgendwie geschafft und etwas müde. So ist es gerade super, dass wir in der Stadt ein schönes Hotel finden, in dem wir den gesamten Nachmittag verbringen. Hier gibt es wieder warmes Wasser und wir können unsere Wäsche aufhängen. Fulänziziit [endif] [endif]
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